P080320 - Bandkeramische Siedlungsstelle

Bandkeramische Siedlungsstelle (Rekonstruktion)

Bild 1.1: Bandkeramische Siedlungsstelle (Luftbild)

Im Sommer 2008 wurden aufgrund typischer Bewuchsmerkmale mehrere bandkeramische Langhäuser entdeckt. Die erfasste Siedlungsfläche erstreckt sich über eine Länge von ca. 420 Meter, wobei die genaue Ausdehnung des Areals zur Zeit noch nicht ermittelt werden konnte. Alle Gebäudegrundrisse sind von Nordwesten nach Südosten ausgerichtet und weisen den typischen u-förmigen Wandgraben an der nordwestlichen Giebelseite auf. Nach derzeitigem Erkenntnisstand kann von ca. 14 Gebäudegrundrissen ausgegangen werden, die sich größtenteils nur unvollständig im Gelände abzeichnen.

Bild 1.2: Siedlungsstelle (Position der Hausgrundrisse)

Teilweise liegen die Gebäudegrundrisse dicht nebeneinander oder überlagern sich sogar. Möglicherweise wurde ein Teil der Langhäuser periodisch abgerissen und teilweise überbaut oder an einer anderen Stelle neu aufgebaut. Von einer Zeitgleichheit aller entdecken Grundrisse kann daher nicht ausgegangen werden. Einige der Grundrisse sind in südöstlicher Richtung (Haupteingang) durch eine moderne Bebauung gestört. Es ist anzunehmen, dass sich in diesem Areal weitere Siedlungsteile befunden haben. Eine unvollständige Grabenanlage und ein Doppelgraben könnten zu dem darauf hindeuten, dass die Siedlungsfläche zu einer bestimmten Zeit befestigt war.

Das markante Merkmal einer bandkeramischen Siedlung um 5500 v. Chr. waren die bis zu 40 Meter langen und ca. 8 Meter breiten Langhäuser. Die rechteckigen Pfostenbauten waren traditionell von Nordwesten nach Südosten orientiert. In der südwestlichen Giebelseite lag der Haupteingang. Der Nordwestteil war mit einem u-förmigen Wandgraben, in dem vermutlich eine Holzbohlen- oder Spaltholzwand verankert war, umgeben. Dieser palisadenartige Bereich war dadurch besonders geschützt und diente daher möglicherweise zum Aufbewahren des wertvollen Erntegutes und als Schlaftrakt. Beidseitig der Längsseiten lagen langovale Gruben, aus denen das Verputzmaterial für die Flechtwände entnommen wurden.

Bild 2: Langhaus (Rekonstruktion) Haupteingang (SW)

Außer der Ausrichtung der Gebäude (NW-SO), gehört der nordwestlich gelegene u-förmige Graben und die seitlichen langovalen Gruben zu den wichtigsten Erkennungsmerkmalen eines bandkeramischen Langhauses. Zusätzlich können häufig die schmalen Fundamentgräben der Wände und die charakteristischen Pfostensetzungen der Pfostenbauten im Luftbild als punktförmige, positive Bodenmerkmale erkannt werden.

Bild 3: Hausgrundriss (Beispiel)

Bild 4: Langhaus (Rekonstruktionsbeispiel) mit einer u-förmigen Holzbohlen- bzw. Spaltholzwand (NW)

Der typische Grundriss (Bild 4) eines bandkeramischen Langhauses (jüngere Periode) bestand in seiner Längsachse aus fünf Pfostenreihen, wobei drei Pfostenreihen im Inneren den First trugen (vierschiffige Bauweise). Parallel dazu verlief beidseitig jeweils eine weitere, aus schwächeren Pfosten bestehende Pfostenreihe, die die restliche Dachkonstruktion trug und die Basis für die Seitenwände bildete. Eine Y-förmige Pfostenstellung im Mittelteil, die auf ein Langhaus der "älteren" Periode hinweisen würde, konnte bisher nicht beobachtet werden.

Zur besseren Aufarbeitung der folgenden Luftbildbefunde ist die bandkeramische Siedlungsfläche in vier Siedlungsbereiche (AB C - D) aufgeteilt.

Siedlungsbereich A

Bild A1: Siedlungsbereich A

Bild A2-1: Hausgrundriss, Pfostengruben, Toranlage?

Bild A2-2: Grabenanlage mit einer trichterförmigen Toranlage?

Auffälligstes Merkmal in diesem Siedlungsbereich sind die Fragmente einer nördlich gelegenen Grabenanlage, (positive Bewuchsmerkmale) mit einer trichterförmigen Toranlage. Möglicherweise ist das ein Hinweis darauf, dass die Siedlung zu einer bestimmten Zeit mit einem Grabenwerk befestigt war. Der Grabenwerksabschnitt liegt in mitten einer Ansammlung von Siedlungs- und Pfostengruben. Es ist daher anzunehmen, dass die Gruben und das Grabenwerk nicht zeitgleich entstanden sind. Zum weiteren Verlauf der Grabenanlage gibt es zur Zeit keine weiteren Luftbildbefunde.

Bild A2-3: Gruben, Pfostengruben, Gebäudegrundrisse 

Vollständige Gebäudegrundrisse lassen sich in diesem Siedlungsbereich nicht feststellen. Die große Anzahl von Pfostengruben und Teile der u-förmigen Wandgräben weisen aber auf mehrere Gebäude hin. Die Strukturansammlung in der unteren linken Bildhälfte ist möglicherweise auf überlagerte Gebäudegrundrisse (Überbauung) zurückzuführen.

Bild A3-1: Gebäudegrundrisse, Pfostengruben (westlich)

Bild A3-2: Gebäudegrundrisse, Pfostengruben

Im westlichen Teil lassen sich die nordwestlichen Giebelseiten von zwei Langhäusern ausmachen. Bei einem Grundriss sind die seitlichen Wandgräben und zwei Reihen von je 3 Pfostenlöchern - für die Pfosten der Querjoche - im Innenraum zu erkennen.

Siedlungsbereich B

Bild B1: Siedlungsbereich B

Bild B2-1: Siedlungsbereich B (Übersicht)

Der Siedlungsbereich B weist eine Fülle von Siedlungsstrukturen auf, die auf eine flächige Bebauung hinweisen. Insbesondere im westlichen und östliche Bereich der Ackerparzelle zeichnen sich eine Reihe von rudimentären Hausgrundrissen mit typischen Pfostensetzungen im Luftbild ab.

Bild B2-2: Siedlungsbereich B (Übersicht)

Bild B3-1: Südöstlicher Siedlungsbereich B

Bild B3-2: Südöstlicher Siedlungsbereich B

Zwei naheliegende, teilweise rudimentären Grundrisse, mit Wandgräben und typischer Pfostensetzung, lassen sich in diesem Bereich eindeutig nachweisen. Die Fülle der Pfostenlöcher, die zur Zeit noch keinen konkreten Grundrissen zuordnet werden können, lassen weitere Gebäude in diesem Bereich vermuten, wobei von einer zeitlichen Abfolge der Bebauung auszugehen ist.

Bild B4: Nördlicher Siedlungsbereich B

Die Strukturen in den gekennzeichneten Bereichen weisen auf eine Bebauung im zentralen und nördlichen Siedlungsareal B hin. Sie sind zum Teil nicht zweifelsfrei im Gelände zu erkennen und können daher zur Zeit nicht näher berücksichtigt werden.

Bild B5-1: Westlicher Siedlungsbereich B

Bild B5-2: Westlicher Siedlungsbereich B

Hier lässt sich die dichteste Konzentration von Baustrukturen auf dem Areal feststellen. Die Wandgräben von zwei parallel liegenden Gebäuden (obere Bildhälfte) scheinen durch einen Graben (Zaun?) miteinander verbunden gewesen zu sein. Es könnte sich dabei um einen Teil der Hofabgrenzung des rechten Gebäudes gehandelt haben, insbesondere wenn man die seitlich liegende, rechtwinklige Grabenstruktur mit einbezieht. Bei den zwei Gruben (positive Bewuchsmerkmale), in der linken oberen Bildecke, handelt es sich möglicherweise um zwei, der längs eines Hauses verlaufenden, Lehmentnahmegruben. Grundsätzlich muss auch in diesem Bereich von überlagerten Gebäudegrundrissen ausgegangen werden. Der relativ breite Grundriss (linke Bildhälfte), mit den deutlich sichtbaren vier parallel liegenden "Wandgräben", weist Merkmale auf, die diese Annahme stützen. 

Bild B5-3: Westlicher Siedlungsbereich B - Pfostengruben

In dem bearbeiteten Luftbildausschnitt lassen sich die Pfostengruben der Hausgrundrisse, insbesondere die dichte Pfostenstellung der Seitenwände und des nordwestlich ausgerichteten palisadenartigen Wandabschlusses relativ gut nachvollziehen. 

Bild B5-4: Westlicher Siedlungsbereich B - Pfostengruben

Die Sesshaftigkeit der bandkeramischen Bevölkerung erkennt man an der Abfolge von mehreren Häusern auf den einzelnen Höfen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass alle 20 bis 25 Jahre ein Gebäude abgebrochen und nahebei neu errichtet wurde. So wurden an anderer Stelle ganze Serien von Grundrissen nacheinander gebauter Häuser ausgegraben: oft nur drei bis fünf, manchmal aber auch bis zwölf Hausgenerationen. Die bandkeramischen Bauern legten demnach großen Wert auf Familientraditionen, auf die Kontinuität der Generationen. Übrigens waren die massiven Holzgebäude nach 20-25 Jahren keineswegs baufällig. Vielmehr muss es Sitte gewesen sein, dass jede neue Generation sich ein neues eigenes Haus baute (vgl. Lüning, 2003, 126). Auch der Grundriss in dem bearbeiteten Luftbild (B4-4) weist die oben beschriebene bandkeramische Tradition auf. Beachtet man die aus mindestens 10 Pfosten bestehende querliegende Pfostenreihe und die Lage der vier Wandgräben (Bild B4-2) kann möglicherweise von einer dreifachen Überbauung ausgegangen werden. 

Siedlungsbereich C

Bild C1: Siedlungsbereich C

Bild C2-1: Siedlungsbereich C - Doppelgraben

Außer den Strukturen eines gerade verlaufenden Doppelgrabens (Abschnittswall) können im Siedlungsbereich "C" keine weiteren eindeutigen Siedlungsspuren beobachtet werden.  Der sichtbare Verlauf ist auf diesen Bereich beschränkt. Während es in nördlicher Richtung einen Hinweis auf den weiteren Verlauf gibt,  lässt sich das Grabenwerk im südlichen Bereich (B2-2) nicht nachweisen.  Mit dem Grabenwerksabschnitt im Siedlungsbereich A (Bild A2-2) und dem Doppelgraben an dieser Stelle, liegt möglicherweise ein weiterer Hinweis für eine befestigte Siedlungsstelle vor.

 

Bild C2-2:Siedlungsbereich D - Doppelgraben

 

Siedlungsbereich D

Bild D1: Siedlungsbereich D

Bild D2-1: Siedlungsbereich D

Bild D2-1: Siedlungsbereich D 

Der Siedlungsbereich D stellt die westliche Grenze der zur Zeit erfassten bandkeramischen Siedlung dar. Gut zu erkennen sind mindestens zwei nordwestlich ausgerichtete u-förmige Wandgräben, eine Reihe von Pfostenlöchern  und eine auffällige Ansammlung von Gruben (Pfostengruben?) in der oberen Bildhälfte.

Literatur:

Lüning, Jens: Grundlagen sesshaften Lebens, in: Spuren der Jahrtausende. Archäologie und Geschichte in Deutschland,  2. korrigierte Auflage, Stuttgart 2003.

archaeoflug 2008


Weiterführende Links:

Bandkeramik

Siedlungsstelle

Ausgrabung in Herxheim.

2007/08

 

+

Bandkeramik

Langhaus der Linearbandkeramik

Rekonstruktion

 

+

 


www.archaeoflug.de