P083786 - Römerstraßen

Bild 1: Altstraße - Vermutlich eine Römerstraße in der Nähe von Alzey. Deutlich ist der gerade Verlauf und die seitlichen Straßengräben als dunkle Linien (positive Bewuchsmerkmale) sowie teilweise der helle Straßendamm (negative Bewuchsmerkmale) zu erkennen. (Luftbild 16.05.2008)

Handelswege sind seit dem Neolithikum nachgewiesen. Es waren unbefestigte Naturwege, deren Verlauf sich nach dem Wild- und Fernwechsel der Tiere, der Topographie und der Geologie des Gebietes richtete. Auch die Kelten betrieben ihren Fernhandel nur auf notdürftig planierten Trassen, mit all den witterungsbedingten Nachteilen und Einschränkungen die damit verbunden waren. Geplante, künstlich angelegte Straßen sind in unserer Region erst seit der Römerzeit bekannt. Nach dem Abzug der Römer wurde das römische Straßennetz teilweise weiter benutzt. Neue Straßenführungen waren aber wieder nur „Naturwege“ - ohne festen Unterbau. Erst ab der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, wurden wieder befestigte Straßen (Fernstraßen) in Mitteleuropa gebaut. Ab dem Ende des 18. Jahrhunderts, ca. 1300 Jahre nach den Römern, werden auch im „Deutschen Reich“ künstlich gebaute Straßen angelegt (vgl. Heinke). Nach heutigen Maßstäben bestand das deutsche Straßennetz bis dahin und noch viele Jahrzehnte darüber hinaus, außer den noch vorhandenen Römerstraßen, aus einem Netz von „Feldwegen“.

Bild 2: Altstraße - Detailaufnahme
Römerstraße mit Seitenstreifen?
(Luftbild 16.05.2008)

Straßennetz

In der Hochblüte des Römerreiches gab es ca. 80.000 km Straßen I. Ordnung und darüber hinaus ein dichtes Netz von Straßen II. Ordnung sowie Nebenwege mit einer Länge von ca. 200.000 km. Bei den öffentlichen Straßen (via publica) I. Ordnung, bildeten die Staatsstraßen das Grundnetz. Die Staatsstraßen waren mit Rom verbunden und führten in den neuen Ländern zu Legionslagern und Grenzbefestigungen. Bei den Straßen II. Ordnung (via vicinalis) unterschied man zwischen der via rustica oder dem Landweg und der via agraria oder dem Ackerweg. Daneben gab es noch die via privata oder die Privatstraße, die von der Hauptstraße zum privaten Anwesen führte (vgl. Kirschmer, 6).

Die Straßen dienten zuerst vorwiegend dem Militär als Aufmarsch- und Versorgungswege sowie zur Sicherung des Landes, der kaiserlichen Verwaltung zum raschen Nachrichtenaustausch durch Kuriere, später der wirtschaftlichen Erschließung und Ausbeutung des Landes sowie dem Handel. Ausgehend von den ersten Militärstandorten entwickelte sich die Besiedlung des Landes entlang dieser Straßen, an dessen Schnittpunkten häufig größere Ansiedlungen entstanden. Davon ausgehend entstand in der Pfalz ein dichtes Netz von überregionalen, regionalen und lokalen Straßen. Auch die Qualität des römischen Straßenbaus dürfte wohl der wirtschaftlichen Entwicklung gefolgt sein.

Bild 3: Altstraße? - Sollte es eine ehemalige Römerstraße sein, könnte es sich um eine Verbindungsstraße zur  Rheintalstraße bei Rheingönheim handeln.

Straßenführung

Bei der Trassenführung mied man enge Täler, führte Straßen auch über Hochflächen und sah zu, dass sie die Endpunkte auf kürzest möglichem Weg miteinander verbanden, wobei notfalls kräftige Steigungen in Kauf genommen wurden (Roller, 263).

Bild 4: Altstraße - Wahrscheinlich die Strukturen einer Römerstraße, die in Verbindung mit der Rheintalstraße stand.

Geradliniger Verlauf einer Altstraße (Bild 5), die sich bis in das Waldstück verfolgen lässt. Ob es sich um eine Römerstraße handelt, ist nicht geklärt. Die Merkmale (Bild 6) sprechen aber für einen römischen Ursprung. An der Straße befinden sich einige noch undatierte Gebäudestrukturen (Bild 6), die aber ebenfalls als "römisch" interpretiert werden können. 

 

Bild 5: Altstraße - Römerstraße?

Bild 6: Altstraße - Detailaufnahmen der Straßenführung mit angrenzenden Gebäudestrukturen

Dass Römerstraßen nicht nur geradlinig verlaufen sondern auch viele Krümmungen aufweisen können, belegt das längste und am besten erhaltene Teil der Rheinuferstraße in der Pfalz, zwischen Neuburg am Rhein und Jockgrim, im Bienwald. Dieser Straßenabschnitt verläuft keineswegs geradlinig, sondern weist sogar sehr viele Krümmungen auf, die aus topographischer Sicht nicht zu erklären sind. Vielfach nimmt man deshalb an, dass einige Römerstraßen auch auf vorrömische Verkehrswege zurückzuführen sind und daher auch nicht immer geradlinig verlaufen müssen (vgl. Sprater, 72f). Die Übernahme vorhandener Wegstrecken und Siedlungsplätze ist die einfachste Methode zur schnellen militärischen und wirtschaftlichen Erschließung eines Landes. Auch die Römer werden diesem Grundsatz gefolgt sein und erst im laufe der Zeit darauf aufbauend eigene Strukturen entwickelt haben.

Römische Fern- und Verbindungsstraßen

Wie viele Römerstraßen durch die Pfalz geführt haben, ist unklar. Von einigen kennt man ihrem Verlauf ziemlich genau: Die oben genannte Straße am linken Ufer des Rheins (Rheintalstraße), die von Basel über Straßburg, Speyer, Worms und Nierstein in die Hauptstadt der Provinz Obergermanien (Sitz des Militärgouverneurs und der Zivilverwaltung), nach Mainz, führte. Die Reste dieser Straße fand man u. a. zwischen Neuburg und Jockgrimm, Lingenfeld, Speyer, Limburgerhof, Mutterstadt und Oggersheim.
Die zweite bekannte Strecke war die Ost-West-Verbindung von Worms über Eisenberg, Kaiserslautern nach Metz. Diese Straße vereinigte sich in der Westpfalz mit der Straße von Mainz nach Metz (vgl. Moersch, 40).
Eine weitere Strecke war die sogenannte „Ausoniusstraße“, die Trier über den Hunsrück mit Bingen und Mainz verband.
Vermutet wird auch eine Römerstraße - entlang dem Gebirge - von Straßburg, Brumath, Weissenburg über Alzey nach Bingen und Mainz.
Weiterhin können zusätzliche Ost-West-Verbindungen und parallel verlaufende Straßen - zwischen Rhein und Haardtgebirge -  angenommen werden.

 

Bild 7: Bekannte römische Fernstraßen

Tabula Peutingeriana 

Einige der oben genannten Straßenverbindungen sind auch in der „Tabula Peutingeriana“ aufgeführt. Dabei handelt es sich um eine mittelalterliche Abschrift (12./13. Jahrhundert) einer römischen Straßenkarte (Reisehandbuch) des 4. Jahrhunderts. Die Pfälzer Orte sind im Segment III.3., der 6,82 m langen und ca. 35 cm hohen Karte, eingezeichnet (vgl. Petrovszky, 12). Aus Rheinland-Pfalz findet man die Rheintalstraße, die Ausoniusstraße und die Straße Metz – Trier – Köln (vgl. Roller, 264).

Bild 8: Segment der Tabula Peutingeriana - Bereich Rheinland-Pfalz (Ausschnitt)
1) Trier (Augusta Treverorum), 2) Rhein (Renus), 3) Bingen (Bingium), 4) Mainz (Mogontiaco), 5; Nierstein (Bouconica), 6) Worms (Borbetomagi), 7) Vogesen (Silva Vosagus), 8) Speyer (Noviomagnus), 9) Rheinzabern (Tabernis), 10) Selz (Saletione), 11) Brumath (Brocomagnus), 12) Straßburg (Argentorate).

Leugensteine 

Die Orientierung für Reisende vor Ort gaben längs der Straße aufgestellte Steinsäulen (Meilensteine), die die Entfernung vom Hauptort des Gebietes, in dem man unterwegs war, angaben. Gemessen wurden die Entfernungen zumeist in römischen Meilen (ca. 1,4814 km = 1000 römische Schritte). Ab dem beginnenden 3. Jahrhundert wurde in Gallien und Germanien die Entfernungen auf den Distanzsäulen nur noch in Leugen (= 2,200 km) angegeben. Solche Leugensteine wurden an der Rheintalstraße in größerer Zahl gefunden (vgl. Roller, 264.).

 

Bild 9: Leugenstein aus dem Bienwald (Abb.: Sprater, 80)
Runde Steinsäulevon 33 cm Durchmesser und einer Höhe von 1,77 m. Der Leugenstein stand 13 Leugen vor Speyer (Sprater, 78ff).
b) Beschriftungen auf zwei Leugensteine (Altrip)

 

 

Pferdewechsel-, Rast- und Benefiziarier-Stationen  

Für den reibungslosen Warentransport und Reiseverkehr auf römischen Straßen sorgten regelmäßige Pferdewechsel- und Raststationen. In den Pferdewechselstationen (mutationes), ca. alle 15 km, konnte man Zugtiere wechseln und die Fuhrwerke warten, reparieren oder sogar austauschen. Es gab Wechselstationen für den privaten Reise- und Handelsverkehr und staatliche Wechselstationen für die kaiserliche Schnellpost und den Güterverkehr.


Im Abstand einer Tagesreise (ca. 37 km) gab es Raststationen (mansiones). Hier konnte man Zimmer für die Nacht mieten, ein Bad nehmen, die Tiere versorgen und die Fuhrwerke reparieren lassen.
Bei den Raststationen befanden sich manchmal Polizeistationen, sogenannte Benefiziarier-Stationen. Sie waren mit Soldaten besetzt, die jeweils für ein halbes Jahr zur Straßenwacht abkommandiert wurden. Zu den Aufgaben der Benefiziarier gehörte es, Schäden an Straßen und Brücken zu melden, die Reisenden vor Überfällen zu schützen, den gesamten Reise- und Handelsverkehr zu überwachen sowie Händler und Kaufleute zu kontrollieren, ob sie Maut oder Warenzoll bezahlt hatten (vgl. Kolb, 180).

Bild 10: Kreuzungspunkt mit Gebäudestrukturen -  Straßenstation oder Flakstellung?

Konstruktiver Aufbau römischer Straßen

Der Bau einer Römerstraße weist teilweise erstaunliche Parallelitäten mit modernen Straßen auf. Zum Bau einer Straße haben die Römer zunächst die Trasse vermessen und abgesteckt.

 Die Arbeitskommandos haben dann in der vorgesehenen Straßenbreite (ca. 6 m) den Mutterboden entfernt. Anschließend wurde – idealtypisch - stets ein mehrschichtig aufgebauter Straßenkörper errichtet, dessen Dicke – mit Abweichungen - dadurch bis zu einem Meter betragen konnte. Der Straßenkörper war stets leicht gewölbt, um den Abfluss des Regenwassers zu ermöglichen, und beidseitig von einem seichten Straßengraben begleitet (vgl. Roller, 263, Baatz, 111). Das Material für den Straßenbau und für die Straßenausbesserung wurde häufig aus Gruben gewonnen, die man seitlich der Trassenführung anlegte.

Bild 11: Mehrschichtiger Straßenaufbau

  1. Im Aufbau des Straßendamms finden sich – mit Varianten – von unten nach oben beginnend ein Steinsatz als Unterbau/Packlage (statumen), grob geschichtet, manchmal mit Mörtel (cementum) gebunden. 

  2. Darüber kann eine mörtellose, quer geschichtete Steinlage folgen oder eine mit Mörtel gemischte Kiesschicht.

  3. Darauf kommt eine Schicht aus groben Kieseln, Steinen, gelegentlich auch Schutt (ruderatio).

  4. Den Abschluss bildete ein Deckenbelag (summa glarea) als Verschleißschicht. Er bestand bei den Straßen nördlich der Alpen außerhalb der Städte aus Sand und Kies.

Bild 12: Schematischer Aufbau einer mehrschichtigen römischen Straße

Ein in römischer Zeit so dicht besiedeltes Gebiet, wie die Pfalz war, besaß zweifellos eine große Zahl von Römerstraßen. Aber nur wenige Straßenabschnitte dürften so wie oben beschrieben aufgebaut gewesen sein. Die römischen Fernstraßen - wie auch andere außerstädtische Straßen - hatten, abhängig vom Untergrund und dem zur Verfügung stehendem Baumaterial, keine einheitliche Baustruktur. Auch die Straßenbreite war entsprechend ihrer Funktion und dem Verkehrsaufkommen sehr verschieden und daher nicht einheitlich. In der Literatur finden sich Angaben die zwischen 1,10 m und 12 m schwanken.

Bild 13 a: Schematischer Aufbau einer Römerstraßenvariante

Bild 13 b: Schematischer Aufbau einer häufig anzutreffenden Römerstraßenvariante (Standardstraße)

Bei einer häufig anzutreffenden Variante  (Bild 13 b) wurde in das eingetiefte Straßenbett zuerst eine schwere Steinvorlage von 20 bis 30 cm Stärke eingebracht. Die Bruchsteine wurden dabei oft hochkant eingelegt. Mitunter hat man eine Reihe größerer Steine als Randbegrenzung eingesetzt. Die Steinvorlage wurde sodann mit einer Schicht aus bindigem Schotter abgedeckt, der eine gewölbte Oberfläche erhielt. Zu beiden Seiten befanden sich flache Straßengräben. Eine oft verwendete Standardbreite des Straßenkörpers war ca. 6 Meter (20 römische Fuß) – der Gegenverkehr von Lastfuhrwerken war damit möglich (Baatz, 111f). Waren noch etwaige Seitenstreifen für Fußgänger, Tierherden und langsamere Fuhrwerke vorhanden, konnte die Trasse der sogenannten „Standardstraße“ eine Gesamtbreite von bis zu 12 m aufweisen.

Ein Teilstück der wichtigen Fernstraße (Rheintalstraße) von Basel über Straßburg nach Mainz, im Bienwald, besteht lediglich aus einem aus Erde und Kies aufgeschütteten Damm und einem Straßengraben. Der Damm hatte eine durchschnittliche Höhe von ca. 0,5 m. Oben ist der Damm 3 – 3,5 m, an der Sohle ist er etwa 6 m breit (vgl. Sprater, 73). Wahrscheinlich war auch auf diesem Straßenkörper noch eine Deckschicht aufgetragen, die aber aufgrund von Erosion heute nicht mehr vorhanden ist.

Bild 14: Straßendamm der Römerstraße bei Wörth
(Abb.: Sprater, 76)

Bild 15: Querschnitt durch die Römerstraße (Rheintalstraße) im Bienwald (Abb.: Sprater, 76)

Bild 16: Römerstraße beim Limburger Hof
(Abb.: Sprater, 79)

Bild 17: Römerstraße bei Eisenberg
(Abb.: Sprater, 79)

Neben den Fernstraßen bestand das römische Straßennetz in der Mehrzahl aus Straßen II. Ordnung: Verbindungsstraßen, Landstraßen sowie Straßen die zu den Landgütern (villae rusticae) führten.

Villa rustica, vicus

Eine Straße, die in Verbindung mit einer villa rustica steht, ist in Bild 19 dokumentiert. Noch gut im Luftbild zu erkennen, sind die positiven Bewuchsmerkmale der seitlichen Straßengräben und die negativen Bewuchsmerkmale des noch vorhandenen Straßenkörpers. Wahrscheinlich wurde auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche die obere Straßenschicht abgetragen, während der Rest des, in diesem Fall angenommenen, eingetieften Straßenkörpers noch im Untergrund erhalten ist. Hätte der Pflug auch noch das Straßenbett erfasst, wären die Straßengräben wahrscheinlich als positive Bewuchsmerkmale nicht mehr eindeutig sichtbar.

 

Bild 18: Altstraße - Straßenstrukturen in der Nähe einer villa rustica - Römerstraße?

Bild 19: Römische Straße, die in direkter Verbildung mit einer villa rustica steht.

Bild 20: Römische Straße innerhalb der Siedlungsfläche des vicus in Eisenberg

Bild 21: Herrenhaus (rot) einer villa rustica mit Wegführung (Luftbild 080489)

Bild 22: Villa rustica (rot) mit zwei Straßenführungen (Luftbild 094142)

Die Mehrzahl der einfachen „Landstraßen“ ist ohne ein eingetieftes Straßenbett gebaut worden. Wenn sie überhaupt befestigt waren, bestanden sie lediglich aus einem direkt auf dem Mutterboden aufgeschütteten Damm aus Erde und Kies (Kiesstraßen) und einem seitlichen Straßengraben. Diese Straßen sind heute auf landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht mehr oder nur noch ansatzweise zu erkennen. Der Straßendamm ist abgetragen und auf einer breiten Fläche ungleichmäßig verteilt. Da in der Regel die seitlichen Straßengräben mit dem Dammmaterial überlagert sind, fehlen häufig die deutlichen positiven Bodenmerkmale der Straßenbegrenzung. Aus der Luft sind diese Straßen daher nur noch an den negativen Bewuchsmerkmalen auf dem abgetragenen und ungleichmäßig verteilen Straßenmaterial zu erkennen.

Kastellstraßen

Eindrucksvolle Beispiele für den römischen Straßenbau liefern auch einige Luftbildbefunde, die wir im und um das Kastell in Rheingönheim dokumentiert haben.

Bild 23: Kastell Rheingönheim (Rekonstruktion)

Bild 24: Kastell-Innenstraßen

Bild 25: Kastell-Außenstraße (N)

Bild 26: Kastell-Außenstraße (S)

In waldreichen Gebieten sind die römischen Straßendämme noch teilweise gut erhalten. Mussten auf gebirgigen Strecken steile Anstiege überwunden werden, legten die Römer, entsprechend den damaligen (genormten?) Spurbreitenabstand der Fahrzeuge, häufig eigens in den Fels eingemeißelte Spurrillen an (Gleisstraßen), in denen die Räder liefen. Damit war der Wagen in der Spur fixiert und konnte bei der Talfahrt wegen des Schubs der Last seitlich nicht ausbrechen und abstürzen.

 Bild 27: Römische Gleisstraße

Teilweise sind zusätzlich zwischen den Spurrillen Stufen eingemeißelt, um das bergauf und bergab Fahren für Mensch und Tier zu erleichtern. Im Pfälzerwald können noch an einigen Stellen der gewölbte Straßendamm und an den steilen Strecken die durch den Verkehr stark eingetieften Spurrillen ehemaliger Römerstraßen gut erkannt werden.

 

 

Bild 28: Gleisstraße (Detailaufnahme)

Von den Schwierigkeiten bei der Bestimmung einer römischen Straße 

Römische Straßen haben sich wie oben beschrieben in der Pfalz an mehreren Stellen erhalten. Manche werden noch heute benutzt, sei es als Feld- und Waldwege oder sind teilweise von modernen Straßen überbaut. Sie sind historisch oder archäologisch belegt und können daher zweifelsfrei als römische Straßen angesprochen werden. Ungleich schwieriger ist es, eine Straßenstruktur auf Grund eines Luftbildbefundes historisch einzuordnen und ggf. als römische Straße zu bestimmen. Eine große Anzahl, der in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts angelegten befestigten Straßen, ist heute nicht mehr Bestandteil unseres Straßennetzes.

Wie vorher viele unbefestigte Straßen, hatten auch diese ihre Funktion im Laufe der Zeit verloren und liegen oftmals vergessen - neben römischen Straßen - unter den heute genutzten landwirtschaftlichen Flächen. Unter günstigen Bedingungen können diese Straßen und ihr Verläufe aus der Luft an Hand charakteristischer Bewuchsmerkmale erkannt werden. Da aber neuzeitliche und Römerstraßen ähnliche Strukturen aufweisen können, ist eine zeitliche bzw. historische Einordnung der Luftbildbefunde in der Regel nicht zweifelsfrei möglich. Auch die Berücksichtigung alter Straßenkarten hilft bei der Altersbestimmung nur bedingt weiter. Wir verwenden daher den Begriff „Römerstraße“ sehr vorsichtig und nur unter bestimmten Bedingungen.

Bild 29: Altstraße - Neuzeitliche Straßenstrukturen in der Nähe einer großen römischen Siedlung und einer bekannten Römerstraße.

Überall, wo man Siedlungsreste aus römischer Zeit nachgewiesen hat, müssen außer den wenigen großen Fernstraßen auch zahlreiche Verbindungs-, Neben- und lokale Straßen oder Wege existiert haben. Römische Siedlungsstellen und bekannte Straßenführungen sind daher auch für uns wichtige Anhaltspunkte, eine aus der Luft erkannte Straßenstruktur auf einen römischen Ursprung zurück zuführen. Kommen noch die typischen Merkmale römischer Straßen, wie die scharfkantigen, positiven Bewuchsmerkmale der Straßengräben, die negativen Bewuchsmerkmale auf dem noch erhaltenen Straßenkörper sowie eine exakte geradlinige Straßenführung hinzu, sprechen wir unter Vorbehalt von einer Römerstraße. Die Ansprache als römische Straßenführung bleibt aber spekulativ. Allein Grabungsbefunde können darüber eine sichere Auskunft geben.

Bild 30: Altstraße -Wahrscheinlich eine römische Straßentrasse, die  direkt zu einer villa rustica führt.

Die Unsicherheit bei der historischen Einordnung der Luftbildbefunde drückt sich in der Verwendung des Begriffes „Altstraßen“ aus. Damit sind alle unbefestigte „Naturstraßen“ gemeint die vor Beginn des geplanten „Kunststraßenbaus“ im späten 18. Jahrhunderts angelegt wurden. Nach dieser engen Auslegung des Begriffes gehören strenggenommen die künstlich angelegten Römerstraßen nicht in diese Kategorie. Wir verwenden daher die weite Definition des Begriffes, die alle „Straßen“, die nicht mehr dem ortsverbindenden oder überregionalen Verkehr dienen, als „Altstraßen“ bezeichnet und daher auch die künstlich angelegten Römerstraßen einschließen.

Im Luftbildarchiv sind eine Reihe von Altstraßen dokumentiert, bei denen wir annehmen, dass sie römischen Ursprungs sind.

Quellen: 

Baatz, Dietwulf: Das Leben im Grenzland des Römerreichs, in: Die Römer in Hessen, Hrsg.: Dietwulf Baatz u. Fritz-Rudolf Herrmann, Stuttgart 2002.
Fischer, Thomas: Die Römer in Deutschland, Stuttgart 1999, S. 94.
Heinke, Jochen: Eine karolingische Königsstraße aus dem Rhein-Main-Gebiet durch Spessart und Rhön nach Salz ?, http://www.rhoenactive.de/alte_strassen_forschung/detail.php?nr=556&kategorie=alte_strassen_
forschung
, Stand: 08.10.2008
Kirschmer, Heiner: Römerstraßen in unserer Heimat – alte Verkehrswege im mittleren Murrtal, http://www.kirschmer-backnang.de/roemerstrassen.pdf, Stand: 08.10.2008.
Kolb, Peter: Die Römer bei uns. Juniorkatalog und Sachbuch zur Landesausstellung 2000 in Rosenheim, Unterschleißheim 2000, S. 177f.
Moersch, Karl: Geschichte der Pfalz. Von den Anfängen bis ins 19. Jahrhundert, Landau/Pfalz 1987.
Petrovszky, Richard: Die Pfalz in römischer Zeit, in: Die Römerzeit, Historisches Museum der Pfalz, Hrsg.: Meinrad Maria Grewenig, Speyer 1994.
Roller, Otto: Wirtschaft und Verkehr, in: Die Römer in Rheinland-Pfalz, Hrsg.: Heinz Cüppers, Stuttgart 1990.
Sprater, Friedrich: Die Pfalz unter den Römern, Teil 1, Speyer 1929.

 

archaeoflug 2008


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