P083563: Altstraße - Abschnitt einer Gräberstraße oder militärische Nutzung?

Das Gebiet, mit dem hier dokumentierten Straßenabschnitt, hat eine lange Besiedlungsgeschichte und weist praktisch aus allen Epochen entsprechende Funde auf. Der archäologisch bedeutende Landstrich wird deshalb auch von „archaeoflug“ in regelmäßigen Abständen beflogen. Bisher konnte neben Strukturen aus der Bronze-, Eisen- und Merowingerzeit, insbesondere eine Vielzahl von römischen Siedlungsresten in Luftbildern dokumentiert werden.
Der ca. 1300 m lange Straßenabschnitt wurde erstmals 2007 bei einem Prospektionsflug entdeckt und liegt zwischen einer nordöstlich gelegenen größeren römischen Siedlung (ca. 750 m) und einer in Nord-Süd Richtung verlaufenden Römerstraße. Über die Zeitstellung und die Funktion der Straße gibt es bisher keine gesicherten Erkenntnisse. Römische Siedlungsspuren, die man an zwei Stellen des Straßenverlaufs gemacht hat, könnten aber auf einen römischen Ursprung hinweisen.

Bild 1: Altstraße - Strukturbereiche E und G (06.05.07)

Bild 2: Strukturbereiche A - K

Verfolgt man den noch sichtbaren Straßenabschnitt, fallen eine Vielzahl von ungewöhnlichen Bodenmerkmalen auf. Insbesondere rechts und links, in direkter Nähe des Straßenverlaufs, können geometrische Strukturen erkannt werden, die man nicht mit einer landwirtschaftlichen Nutzung in Verbindung bringen kann. Nur einige markante Merkmale deuten auf einen militärischen Ursprung hin. Mehrheitlich können die Strukturen vorerst aber keiner neuzeitlichen Nutzung zugeordnet werden. Berücksichtigt man den Straßenverlauf und die hohe Dichte von keltischen, römischen und merowingischen Siedlungsspuren, die aus dem näheren Umfeld dokumentiert sind, sprechen auch gute Gründe dafür, die Strukturen als „typische“ antike Grabstätten zu interpretieren. Als Arbeitshypothese wird daher davon ausgegangen, dass die Altstraße römischen Ursprungs ist und quer durch ein großes Gräberfeld verläuft, das möglicherweise über mehrere Epochen hinweg als Friedhof genutzt wurde.

Strukturbereich A

Bild 3: Strukturbereich A

Bild 4: Rechteckige Strukturen (rechte Straßenseite)

Im Strukturbereich B sind bisher keine Spuren der Altstraße aus der Luft nachweisbar. Er liegt aber genau zwischen einer großen römischen Siedlungsstelle (ca. 300 m) und dem Strukturbereich B (ca. 290 m), in dem die bisher ersten Spuren der Altstraße festgestellt wurden. Der mögliche Verlauf ist mit einer roten Linie in Bild 3 gekennzeichnet. Auffällig in diesem Bereich sind die rechteckigen Grubenstrukturen die rechts (Bild 4 u. 4.1) und links (Bild 5) der vermeintlichen Altstraße zu erkennen sind. Entsprechend der Größe und Anordnung, erinnern diese Strukturen an (merowingische?) Reihengräber. Obwohl die Örtlichkeit und die Größe der Gruben eher dagegenspricht, könnte es sich aber auch nur um sogenannte Flachsgruben (Flachsgrubenfeld) gehandelt haben.

Bild 4.1: Rechte Straßenseite - Körpergräber (Plattengräber) oder Flachsgruben? (Luftbild 25.05.08)

Bild 5: Linke Straßenseite - Körpergräber (Plattengräber) oder Flachsgruben? (Luftbild 02.07.08)

Strukturbereich B

Bild 5 u. 6: Strukturbereich B

In diesem Bereich können die ersten Spuren der Altstraße als parallele negative Bewuchsmerkmale der Seitenbegrenzung festgestellt werden. Diese liegen über einer kreisförmigen Struktur (5) und lassen sich noch einige Meter darüber hinaus verfolgen (Bild 5, 6). Sollte es sich um eine antike Straße handeln, kann es sich dabei nicht um einen Bombenkrater handeln. Zwei weitere Kreisstrukturen (6, 7) liegen in der direkten Nähe. Alle drei Strukturen haben den gleichen Durchmesser, wobei die Kreisstruktur (6) nicht als Bombenkrater anzusprechen ist. Auffällig sind die vier symmetrisch angeordneten Kreisstrukturen (1-4), die parallel zur Altstraße liegen. Die Strukturen (1, 2) lassen sich noch sehr gut durch die kreisrunden, negativen Bewuchsmerkmale erkennen.

Bild 7: Strukturbereich B

Die kreisrunden, negativen Bewuchsmerkmale (Bild 6) deuten auf ein Fundament für eine Ummauerung hin. Das flächige Bewuchsmerkmal (Bild 7) könnte als Rollierung interpretiert werden. In Bild (7) ist deutlich eine Verbindung zwischen den Kreisstrukturen (1 u. 2) zu erkennen. Möglicherweise waren beide Objekte durch einen Weg miteinander verbunden. Die geometrisch, exakte Ausrichtung der vier Objekte lässt aber Zweifel aufkommen, dass es sich hierbei tatsächlich um antike Bauten gehandelt hat. Es ist daher sehr spekulativ, die vier gleich großen Strukturen als ehemalige römische Tumuli zu interpretieren. Eine noch unbekannte militärisch / landwirtschaftliche Nutzung ist nicht ausgeschlossen.

Bild 7.1: Strukturbereich B  (Luftbild 25.05.08)

Strukturbereich C

Bild 8 u. 9: Strukturbereich C - Kreisgraben

Die positiven Bewuchsmerkmale deuten auf einen Kreisgraben hin. Möglicherweise handelt es sich dabei um einen Großgrabhügel, der mit einem Graben umzogen war.

Strukturbereich D

 

Bild 10: Strukturbereich D

Bild 11: Strukturbereich D

In diesem Straßenverlauf fallen einige unregelmäßig angeordnete rechteckige und quadratische Elemente auf, die als Grabeinfriedungen gedeutet werden können. Der Straßenverlauf ist gut im Gelände zu erkennen und wird in ihrem weiteren Verlauf durch eine moderne Bebauung gestört, aus deren Bereich römische Siedlungsspuren bekannt sind. Es könnte ein Beleg dafür sein, dass es sich bei der angenommenen Altstraße tatsächlich um eine römische Straßenführung handelt.

Bild 12 u. 13: Strukturbereiche E - H

Auffällig sind die ausgeprägten negativen Bewuchsstrukturen, der hier vermuteten Altstraße, die auf eine Begrenzung des flachen, befestigten Straßenkörpers hinweisen. Die typischen Erkennungsmerkmale einer Römerstraße, wie eine leicht gewölbte Oberfläche und einen beidseitigen Straßengraben, sind im Luftbild nicht zweifelsfrei auszumachen. Möglicherweise kann dieser Umstand mit der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung des Geländes erklärt werden.

Strukturbereich E

Bild 14: Strukturbereich E

In diesem Bereich (Bild 13, 14, 15) befinden sich auf beiden Seiten der Straßenführung auffällig viele Gruben (positive Merkmale), bei denen es sich teilweise um Brandgräber handeln könnte. Einige rechtwinklige negative Bewuchsmerkmale könnten auf Einfriedungen hindeuten.

Bild 15: Strukturbereich E

Strukturbereich F und G

Bild 16: Strukturbereich F u. G

Strukturbereich F

Bild 17: Strukturbereich F

Bild 18: Strukturbereich F

Bei diesem Straßenverlauf fallen wieder einige rechteckige und quadratische Elemente auf, die als Grabeinfriedungen gedeutet werden können. Bei dem V-förmigen Straßenstück handelt es sich wahrscheinlich um den Teil einer Straßenkreuzung. Die dazu gehörende Straße ist im Luftbild nicht zu lokalisieren und liegt offensichtlich unter dem heutigen Feldweg, der direkt zu dem Strukturbereich (H) führt.

Strukturbereich G

Bild 19: Strukturbereich G

Bild 20: Strukturbereich G

Die Altstraße verläuft zwischen zwei Kreisstrukturen (Tumuli?) und an mindestens zwei rechteckigen/quadratischen Strukturen (Grabeinfriedungen?) vorbei. Eine gezackte positive Struktur (schwarz), die an diesen Strukturen vorbeiführt, deutet auf einen Schützengraben hin. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass es sich bei den zwei rechteckigen/quadratischen Strukturen um eine Flakstellung handelt. Eine weitere Kreisstruktur (Tumuli?), mit einem angebauten Wegstück, befindet sich südöstlich in direkter Nähe. Der Bereich wurde offensichtlich militärisch genutzt. Die Kreisstrukturen könnten auch in diesem Kontext interpretiert werden, obwohl eine schlüssige Begründung für einen militärischen Ursprung noch fehlen.

Bild 21: Strukturbereich G

Bild 21: Strukturbereich G

Wenn man die Strukturen im Bereich G mit den 600 m entfernten Kreisstrukturen im Bereich B vergleicht, sind erstaunliche Gemeinsamkeiten festzustellen. Ob diese Übereinstimmungen der Beleg für einen militärischen Ursprung der beschriebenen Strukturen ist, oder ob die Vorstellung einer antiken Gräberstraße noch aufrecht zu erhalten ist, muss vorerst offen bleiben.

Nachtrag 2009: Inzwischen hat sich die militärische Nutzung der Bereiche D und G bestätigt (Flakstellung)..

Strukturbereich H

Der Strukturbereich H ist noch in Bearbeitung.

Strukturbereich K

Bild 22: Strukturbereich K

Bild 23: Strukturbereich K

Der Strukturbereich K markiert das Ende der noch im Luftbild erfassbaren schnurgeraden Straßenführung der vermuteten Altstraße. Über den weiteren Straßenverlauf gibt es zur Zeit noch keine Erkenntnisse. Eine bekannte römische Siedlungsstelle liegt aber in unmittelbarer Nähe. Siedlung und Altstraße könnten daher in einem Zusammenhang stehen und unterstreichen die Annahme eines römischen Ursprungs der Altstraße. Möglicherweise haben wir es hier mit einer römischen Straßenführung zu tun, die einen größeren vicus mit kleineren Ansiedlungen und die auf der Strecke liegende Gutshöfe verbunden hat. Grabstätten entlang dieser Straße dürfen deshalb auch angenommen werden.

archaeoflug 2008


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